Die Wartburg

Die Wartburg – nahe dem thüringischen Eisenach und umgeben von bewaldeten Höhen – nimmt in der deutschen Burgenlandschaft eine ganz eigene Stellung ein.
Nur noch zweitrangig erscheinen heute wehrtechnische und machtpolitische Aspekte, die zu ihrer Gründung um 1067 bewogen. Burgentypisches Festungswerk tritt hinter repräsentativer Architektur zurück, lokalgeschichtliche Daten verblassen neben den Höhepunkten deutscher Kultur, deren Schauplatz die Wartburg war.

Der landgräfliche Hauptsitz galt einst als Zentrum hochmittelalterlichen Dichtens und Minnesangs, wurde zum Wohn- und Wirkungsort der heiligen Elisabeth, bot dem vom Papst und Kaiser verfolgten Reformator Martin Luther Exil und sah mit dem Wartburgfest der deutschen Burschenschaften den Morgen einer freiheitlich-demokratischen Nation heraufdämmern.
Der spätromanische Palas führt zurück in die Zeit der Thüringer Landgrafen, der „Ludowinger“.

Besonders unter Hermann I. erblühte die Wartburg zum weitgerühmten Musenhof, in dem alle schönen Künste gepflegt wurden, die Lieder Walthers von der Vogelweide erklangen und Dichtungen Wolframs von Eschenbach entstanden.

Die darauf bezogene Sage vom Sängerkrieg auf der Wartburg erlangte durch Richard Wagners „Tannhäuser“ Weltruhm. Ebenso bekannt und bis heute verehrt ist die Gestalt der heiligen Elisabeth von Thüringen, von deren Leben und barmherzigen Wirken zwei der Palasräume künden.
Die Lutherstube – authentischer Wohn- und Arbeitsraum des Reformators vom Mai 1521 bis zum März des Folgejahres und seit Jahrhunderten Ziel unzähliger Pilger – darf als die Geburtsstätte der Lutherbibel gelten.

Mit einer großartigen Sammlung reformatorischer Flugschriften, einer von Luther handschriftlich kommentierten Bibel, verschiedenen Gegenständen aus seinem Besitz und dem – neben vielen Bildnissen Luthers und seiner Zeitgenossen – einmaligen Cranach-Porträts der aus dem Eisenacher Land stammenden Eltern Luthers – halten die Wartburg und ihr Museum die Erinnerung an ihren einstigen, weltberühmten Bewohner aufrecht.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr die ruinös gewordene Wartburg unter dem Weimarer Großherzog Carl Alexander eine umfassende Erneuerung und dekorative Ausgestaltung. Der Idee an ein Denkmal von nationaler Bedeutung folgend, wurde die mittelalterliche Bausubstanz restauriert und durch historisierende Neubauten ergänzt.

Repräsentativstes Beispiel historistischer Kunstauffassung ist der Palasfestsaal, in dem im Sommerhalbjahr auch Konzerte zu hören sind. Nicht weniger imposant sind die Fresken des spätromantischen Malers Moritz von Schwind, der unter anderem den Sängerkrieg und die Elisabethvita in Szene setzte.

Wie vor bald 200 Jahren von Johann Wolfgang von Goethe empfohlen, beherbergt das Wartburgmuseum heute eine breite Sammlung von Kunstschätzen aus acht Jahrhunderten.
Wertvolle Bildteppiche, Plastiken Tilman Riemschneiders, weltberühmte Werke von der Hand Lucas Cranachs d. Ä., der sogenannte Dürerschrank aus der Zeit um 1520 – ein einzigartiges Möbel mit reicher Reliefschnitzerei nach Vorlagen des Malers, kunsthandwerkliche Zeugnisse der Renaissance und qualitätsvollstes Mobiliar des Historismus wechseln mit interessanten Hinweisen auf geistesgeschichtliche Höhepunkte deutscher Vergangenheit.


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